Auch in 2022 hat die Sparkassenstiftung Zukunft für den Landkreis Rosenheim den Deutschkurs „Deutsch für alle“ gefördert. Anbieter ist die Volkshochschule Kolbermoor (vhs). Der Kurs richtet sich an alle Erwachsenen, die sich um den Erwerb der deutschen Sprache und um ihre Integration bemühen. Dank Unterstützung auch durch die Stadt Kolbermoor belaufen sich die Gebühren nur auf 30 Euro pro Modul.
Lernwillige herzlich willkommen!
„Es sind alle Bürger willkommen, die ihre Deutschkenntnisse verbessern wollen“, sagt Ulrike Sinzinger, Leiterin der Kolbermoorer vhs. „Das Angebot verstehen wir als aktive Hilfe zur Eingliederung ins soziale Leben.“ Dabei sind nicht nur die Teilnehmer gefordert. Auch die Kursleiter müssen einiges bewältigen.
Eine Kursteilnehmerin aus dem Jahr 2022 berichtet:
„Eineinhalb Stunden Reden übers Kochen beim „Treffpunkt Deutsch“. Eigentlich sollte es nur ein Einstieg in den Konversationskurs an diesem Abend gehen. Doch schnell waren wir bei türkischen, bulgarischen, kroatischen und deutschen Gerichten angelangt. „Wie macht man einen Knödel? Welche Gerichte sind ähnlich in verschiedenen Ländern? Was ist eine Schale, wann sagt man grillen, wann braten oder backen?“fragten wir uns gegenseitig.
So entstand aus einem Sammeln von Verben zum Wortfeld kochen, beinahe ein Kochkurs. Leider fehlten die Zutaten und die Küche. Doch wenn man die Augen schloss, hat man fast die Gewürze gerochen. Mit hungrigen Bäuchen beendeten wir glücklich und zufrieden den Kurs. Ich wusste da bereits, dass zuhause mein Mann gekocht hat.
An einem anderen Abend hatte ich mir Gallizismen als Thema vorgenommen. Schon bei der Vorbereitung war ich selbst erstaunt, wieviele Wörter unserer französischen Nachbarn wir doch tagtäglich benutzen. Adresse, Büro, Chef, Engagement, Etat und viele mehr!
Beim Deutschkurs stellte sich heraus, dass viele Wörter auch in andere Sprachen Einzug nahmen. Besonders begeistert war eine bulgarische Teilnehmerin, die französisch studiert hatte. Ein Abend, an dem sie feststellte: „Ich kann ja viel mehr ‚deutsche‘ Wörter, als ich dachte!“
Bericht aus dem Kursalltag 2017/18
Im vhs-Jahr 2017/18 waren beispielsweise in einem Kurs vertreten: Zehn verschiedene Nationen und Muttersprachen. Drei verschiedene Schriftsysteme. Und Teilnehmer zwischen 30 und 65 Jahre. Das alles unter einen Hut zu bekommen war nicht einfach. Manch Teilnehmer war Analphabet, ein anderer hatte einen qualifizierte Abschluss. Der eine lebte in Deutschland in Sicherheit, der andere in Sorge um Familienmitglieder, die sich in Kriegs- und Krisengebieten aufhielten.
Wichtigste Qualifikation als Sprachlehrer: Humor!
Mit Christiane Schneider leitete eine examinierte Lehrerin Sekundarstufe II mit langjähriger Erfahrung an verschiedenen Schultypen den Kurs. Die wichtigsten Qualifikationen dabei: Humor und schauspielerisches Talent! Denn manchmal musste der Unterricht stellenweise pantomimisch stattfinden. Doch: Gemeinsames Lachen verbindet und hilft bei der Verständigung ungemein. „Lernen in der Gruppe gelingt dann besonders gut, wenn sich die Kursteilnehmer gegenseitig respektieren, verstehen und unterstützen“, so Christiane Schneider.
Diese Solidarität kam deutlich zum Tragen: Die drei nicht alphabetisierten Kursteilnehmer konnten am Ende des Kurses flüssig schreiben und lesen. Sie profitierten von dem Deutschunterricht vor allem bezüglich des Hörverständnisses. Einen Ausgleich fanden die Kursteilnehmer mit guten Lern-Voraussetzungen, die zur Muttersprache fließend Englisch, Französisch oder Portugiesisch sprachen, wenn der Unterricht grammatisch wie wortschatzmäßig auf gehobenerem Niveau anzusiedeln war.
Der Spagat zwischen diesen individuellen intellektuellen Fähigkeiten erforderte viel Kreativität und Einfühlungsvermögen. Trotz der großen kulturellen, intellektuellen und sprachlichen Herausforderungen konnten Brücken des Verstehens gebaut werden.[WRGF id=4690]